Mindful Drinking – Die aufregende Welt von Low & No

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Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Es ist ein kraftvoller Trend – und sie werden immer mehr: Destillate, Weine, Biere ohne Alkohol und alkoholfrei. Auf dem Bar Convent Berlin 2024 war dies noch deutlicher zu spüren als bereits im Vorjahr, und eine gewaltige Zahl an Ausstellern präsentierte ihre – zumeist brandneuen – Erzeugnisse in der Kategorie des achtsamen Trinkens.

 

Alkoholfreier Hotspot auf dem BCB 2024

Im Zentrum des Geschehens sorgte in vergangenen Jahr die Amaro Bar von Betreiber Elon Soddu aus London für Aufsehen. Ein elegantes und markantes Erscheinungsbild, zentral präsentiert, entwickelte sich die Bar in Halle 11.2 rasch zu einer Anlaufstelle für all jene, die das aktuelle Geschehen rings um Cocktails mit geringerem Alkoholgehalt nicht verpassen und dabei doch Mixgetränke auf höchstem Niveau nicht missen wollen. Neben dem Cocktail-Sortiment, das das Barteam aus London mitbrachte, gab es auch täglich neue Drinks am Low & No Bartresen, da alle Aussteller explizit aufgefordert waren, ihre Produkte dort einzubringen, damit das Barteam damit experimentieren und neue Rezepturen spontan entwickeln konnte.

Der Auftakt-Vortrag im Rahmen der Park Street University läutete das Thema ebenfalls angemessen ein. Unter der Überschrift „The Future of Mindful Drinking in Modern Markets“ kamen namhafte internationale Akteure zum Gespräch zusammen. Darunter der in London ansässige Getränkewirtschaftsanalyst Spiros Malandrakis, die Gründerin des La Maison Wellness in Frankreich, Camille Vidal, die sich für einen gesunden Hedonismus starkmacht, wie sie selbst sagt. Ebenfalls dabei war Raphael Vollmar aus Bonn, Mitbegründer von Rheinland Distillers, mit der Marke Siegfried, unter der er alkoholische, wie auch nicht alkoholische Erzeugnisse herausbringt.

 

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Trend wurde zum Messe-Highlight: An der Low & No Bar auf dem BCB 2024 überzeugte das Amaro Bar-Team aus London mit alkoholarmen und alkoholfreien Cocktails. 

 

Status quo bei Low & No?

Die drei Diskutanten beobachten die Marktentwicklungen schon lange und so konnten die Zuhörenden einen herausragenden Überblick erhalten und gleichsam visionäre Überlegungen gen Zukunft erfahren.

Mit 20 Jahren in der Branche resümiert Spiros Malandrakis seine Beobachtungen und beginnt mit der Marke Seedlip, mit der die Entwicklung 2015 mit 1.000 Flaschen im Londoner Kaufhaus Selfridges loslegte: „Seedlip hat es damals klug gemacht. Sie haben in der ersten Pressemeldung kommuniziert, nicht, was sie aus dem Getränk herausnehmen, sondern was sie dem Anlass zufügen. So kam keine Negativität auf und ein positiver Nutzen wurde allgemein wahrgenommen. Seedlip hatte nur das Problem, dass sie nicht über einen eingesessenen Spirituosen-Hintergrund verfügten.“

Raphael Vollmar schmunzelt und erinnert sich daran, wie Bekannte versuchten, ihn davon abzuhalten, den bewährten Gin-Namen „Siegfried“ auf eine Flasche mit alkoholfreiem Inhalt zu setzen: „Wir waren damals Pioniere, als es darum ging, erstmals einen bewährten Brand-Namen auf eine Flasche eines alkoholfreien Produkts zu schreiben. Mittlerweile ist das Wissen, dass es die Alkoholfrei-Kategorie gibt, in der Mitte der Bevölkerung angekommen. Los ging es seinerzeit mit alkoholfreien Gin-Alternativen. Heute verfügen Bars über ein komplettes, alkoholfreies Backboard. Ich glaube, es gab diesen Click-Moment zur Wertschätzung, als die Verbraucher verstanden haben, dass diese Produkte von echten Destillateuren kamen.“

 

Weg mit den Mocktails

Die Diskutanten strahlen Einigkeit darüber aus, dass der Begriff „Mocktail“ die Entwicklung behindert. „To mock“ = nachahmen oder verspotten steht oft für den Trostpreis, das zweitklassige Produkt und lange waren die Cocktailkarten mit denselben langweilig-süßen Vertretern geschmückt: Shirley Temple, Virgin Colada, Pussy Foot.

Camille Vidal freut sich, dass immer mehr große Unternehmen mitmachen: „Die großen Firmen tragen bestens dazu bei, Kommunikation und Fortbildung voranzutreiben. Das fehlte bislang noch. Wir müssen daran arbeiten, dass wir eine neue, eigenständige Kategorie schaffen, nicht eine Kategorie, bei der etwas fehlt. Mocktails waren auch immer deutlich günstiger. Nun haben wir alkoholfreie Destillate auf dem Preisniveau der echten Spirituose. Da muss auch die Preisgestaltung bei alkoholfreien Cocktails angepasst werden.“

Die drei sind sich einig darin, dass die Zielgruppen für Low & No sehr divers sind. Die Zielgruppe trinkt durchaus auch Alkohol an manchen Tagen. Doch an anderen Tagen möchten sie eben ein Getränk ohne Alkohol aber mit gleicher Raffinesse, mit gleichem Anspruch. Ein guter Drink bleibt ein Statussymbol. Die Zeit der Pandemie schuf zudem ein allgemeines Gesundheitsbewusstsein, was die Verkaufszahlen der alkoholfreien Erzeugnisse deutlich nach oben brachte.

 

1000 neue Etiketten

Dabei warnt Malandrakis vor einer zu intensiven Premiumisierung: „Wir haben seit 2020 einen Zuwachs von Tausend neuen Etiketten im alkoholfreien Markt. Die Premium-Kategorien schließen dabei immer auch Zielgruppen aus. Wir benötigen bezahlbare Produkte, damit unsere Kategorie die Nische verlässt und Teil des Massenmarktes wird.“ Vollmer stimmt zu und erinnert daran, dass alkoholfrei zwar auf ein stattliches Wachstum verweisen kann, dabei aber immer noch eine kleine Nische darstellt.

Es bleibt dabei: viel Bewegung in einer Branche mit einer wachsenden Kategorie. Bestimmte Zutaten, die in den USA bereits zugelassen sind, warten in Europa noch auf Genehmigung und dennoch kommen derweil ständig neue Erzeugnisse auf den Markt. Stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Zeit?

Social Media prägt neue Trends und bildet sie zugleich ab. Bei der Gen Z finden wir online zunehmend Hashtags, wie #drydating #sober, #sobriety, #mindfuldrinking oder #sobertwenties. Wir werden bestimmt schon im nächsten Jahr auf dem BCB wieder einige große Schritte in der Kategorie der Low & No-Kategorie erleben.