Servierfertige Cocktails: So viel mehr als eine Notlösung

© Shutterstock

Noch vor nicht allzu langer Zeit galten Fertigcocktails als wenig erstrebenswertes Rauschmittel. Produkte mittlerer Qualität in der Dose vereinigt oder vorgemischte Klassiker in sonderbaren Behältnissen. Echte Cocktail-Liebhaber gingen – zu Recht – lieber in die Bar ihres Vertrauens, um dort Classic Drinks und Eigenkreationen von Bartendern gut abgeschmeckt und ansehnlich serviert präsentiert zu bekommen.

 

Doch Zeiten und Bedürfnisse verändern sich rasch. Genauso wie Zahlen und Bilanzen. Und so erfahren Begriffe, wie „RTD“, RTS“, „Bottled Cocktails“ oder „Tapped Cocktails“ eine beachtliche Position inmitten der Verkaufsstatistiken im Getränkemarkt. Streichen wir also kurz die Erinnerungen an Dosen mit Rum-Cola, Whiskey-Cola, Gin-Tonic oder Vodka-Energy aus den Supermarktregalen. Die Produktqualität der Ready-to-drink (RTD) und Ready-to-serve (RTS) ist innerhalb kurzer Zeit kontinuierlich und beachtlich gewachsen und die Einsatzmöglichkeiten entwickeln sich vielfältig für Endverbraucher und für Unternehmer.

 

Ready-to-serve: Drinkkonzepte für die Krise

Improvisierten viele Bars in Lockdown-Zeiten Bottled Cocktails für ihre Stammkunden, so wurden aus manchen dieser Spontan-Projekte erfolgreiche neue Geschäftsmodelle. Nach den Pre-Mixes für den Endverbraucher ergaben sich zudem weitere Einsatzmöglichkeiten rings um Gastronomie und Hotellerie. Nachdenklich verfolgen wir seit Monaten all die Meldungen um Personalmangel und die damit oft verbunden eingeschränkten Angebote in so manchem Hotel und Restaurant. Ready-to-serve-Cocktails von hoher Qualität können für manche dieser Unternehmen eine Option sein, die den Gast zufriedenstellt und deren Handgriffe auch von minder geschultem Personal problemlos durchgeführt werden können.

Jüngst präsentierte der bekannte Kölner Barkeeper Stephan Hinz seine neue Bottled-Cocktails-Reihe seiner Marke „Cocktailkunst“. Von Popcorn Old Fashioned bis Spicy Espresso Martini bietet Hinz zunächst fünf Drinks in der Flasche, die erfolgreiche Klassiker aufgreifen und sie mit einem gewissen Twist doch unterscheidbar machen. Hinz verweist auf die Möglichkeiten: „Die servierfertigen Getränke von Cocktailkunst bieten auch für die Gastronomie großes Potenzial. Mit wenigen Handgriffen kann auch ungelerntes Personal in kürzester Zeit hochwertige Cocktails servieren. Durch die zusätzliche Kombinierbarkeit mit Fillern wie Tonic Water, Ginger Beer oder Soda entsteht eine große Vielfalt, auf der sich eine komplette Cocktailkarte aufbauen lässt.“

Auch der beliebte Fernseh-Bartender Nic Shanker beobachtet die Entwicklungen und bringt sie mit seiner Cocktail-Catering-Erfahrung zusammen. Er steht mit einem neuen Projekt in den Startlöchern und berichtet: „Das Tolle an dem Barkeeper-Beruf ist, dass du dich immer wieder neu entwickeln kannst. Gerade entwickele ich gemeinsam mit David Rippen und Hakan Celebi ein neues Projekt. Es geht um Pre-Batched Cocktails. Bei vielen Angeboten derzeit auf dem Markt hast du immer etwas Konservierendes dabei, sonst wäre es nicht haltbar. Wir wollen dabei eben frisch arbeiten. Und so bieten wir ein hochwertiges Konzept für Hotels und Restaurants, die für einen Drink 12 bis 15 Euro verlangen können.“

 

Internationaler Trend: Tapped Cocktails

Auf dem Bar Convent Berlin im vergangenen Oktober konnten Besucher einige Belege für die rasche Entwicklung im RTD und RTS-Sektor erleben. Beispielsweise mit einem gezapften Espresso Martini vom Hahn. Die Traditionsmarke DeKuyper hatte 2024 bereits ihre Range von Bottled Cocktails auf den Markt gebracht und insbesondere mit ihrem Passionfruit Martini für Aufsehen gesorgt. Nun ging der Spirituosen- und Likörhersteller aus den Niederlanden den nächsten Schritt und präsentierte Fünf-Liter-Einheiten ihrer Read-to-serve Drinks und ebenjenen Espresso-Martini aus dem Zapfhahn.

Auch die Deutsche Barkeeper Union hatte in ihrem Präsentationsbereich eine Batterie von Zapfhähnen installiert, aus denen die Gäste diverse Mixturen zapfen konnten. Weltweit setzen Bars und Restaurants bereits intensiv auf Konzepte rings um jene „Tapped Cocktails“ oder „Draft Cocktails“ und so manche Kneipe tauscht an einem ihrer Zapfhähne ein Bier gegen einen Cocktail.

Vertriebe und Hersteller reagieren gleichfalls und erweitern ihr Angebot um stationäre oder mobile Cocktail-Zapfanlagen oder entwickeln Fässer mit eingebautem Rührmechanismus, um den gemixten Inhalt konstant schmackhaft zu halten oder Anlagen, die Nitro-Zapfanlagen für das besondere Mundgefühl durch Sticksoff-Einsatz.

 

Marktanalyse trifft Trendscout

Welcher Trend und welche Mode sind von Dauer und welche sind nur ein Strohfeuer? Das Wirtschaftsmagazin Forbes beobachtet die Getränketrends rings um die Fertigerzeugnisse sehr aufmerksam und attestiert ein erstaunliches Umsatzwachstum. Hierbei beziehen sie auch so manchen Getränketrend mit ein, der hierzulande bislang nicht den Stellenwert, wie in den USA oder Japan, hat. So beispielsweise Hard Seltzer, Hard Coffee, Hard Tea, Hard Kombucha oder Wine Spritzers. Marktexperten erwarten jährliche Steigerungsraten bei Umsatz nach Menge und Wert von drei bis sechs Prozent.

Mit coolem Dosen-Design und Werbetexten, die reduzierte Kalorien und geringeren Alkoholanteil versprechen, nimmt die Industrie Millennial-Zielgruppen in den Fokus, deren Interesse aber leicht auch wieder schwinden kann. Aber Influencer-optimierte Produkterfolge, wie „Wildberry Lillet“ oder „Perfect Cosmo“ von Sarah Jessica Parker bringen Schwung in das Marktsegment.

Noch keinen Durchbruch – aber einen unterhaltsamen Ansatz – bot zuletzt die Suppenmarke Campbell’s mit ihren „Brothtails“, also Cocktails, die auf Brühe treffen. Vielleicht wird das der nächste RTD-Trend aus dem Tetra-Pack: „Pork Ramen Mezcal Margarita“, „Thai Chicken Negroni“ oder „Mushroom Truffle Daiquiri“.