Aromen und Erlebnisse – Damir Bušić und seine Liquid Diary Bar in Innsbruck

© Liquid Diary

Die Sinne stimulieren und gleichzeitig Erinnerungen wecken und Erlebnisse schaffen. Diesen Anspruch stellt Barbetreiber Damir Bušić an sich und seine Bar Liquid Diary in Innsbruck.

 

Das „flüssige Tagebuch“, das der Liquid Diary Bar ihren Namen verleiht, gibt es tatsächlich. Der sympathische Bartender erläutert: „Ich wollte kein klassisches Gästebuch in der Bar, sondern etwas, wo die Leute in ein Buch ihre Gedanken, Fotos Erinnerungen und Eindrücke hineingeben können. So entstanden spannende Texte, Zeichnungen oder Polaroid Fotos. Daraus leiten wir unsere Cocktails ab.“

 

Drinks mit allen Sinnen erleben

Ein spannender Dialog, ja gar ein Kreislauf in der Gastwirt-Gast-Beziehung. Die Ergebnisse sind beeindruckend, auf vielschichtige Art und Weise. Jeder Cocktail wird von einer sehr sinnlichen Geschichte begleitet und stimuliert vor, während und nach dem Schluck mehr als nur den Gaumen.

Als Beispiel ein Auszug aus der Kurzgeschichte des „Mumbai Noice“, einem Drink mit gereiftem Rum, Kakao, Kaffee und Gewürzsirup: „Die faszinierende Dichte der Straßen von Chembur - vollgepackt mit rauchigem Dunst von Weihrauch und brennenden Hölzern, gemischt mit Kaffeewagen am Straßenrand und kakophonischen Geräuschkulissen - wird aus einer neugierigen, moderne Perspektive entdeckt. Sowohl dem kulturellen Erbe der Stadt als auch ihrer Entwicklung wird mit der Hilfe von kontrastreichen, dennoch perfekt miteinander kombinierbaren, cremigen Note Tribut gezollt.“ Nicht wenige Gäste berichten, dass ein kleiner Film vor dem geistigen Auge abläuft und sich eine Vielfalt von Stimulanzien einstellt, bei der man das Gefühl hat, zu riechen, zu hören und hitzigen Sand auf der Haut zu spüren.

 

Erinnerung hervorrufen mit einem Schluck

Eine gleichsam spannende und gelungene Inszenierung eines Cocktails. Damir meint: „Gute Drinks verkaufen alle guten Bars. Wir möchten noch die Komponente der Emotion hinzufügen. Unsere Drinks sollen auf verschiedene Weise Emotionen hervorrufen.“ Was war der Impuls, die Drinks mit derlei Begleitmomenten zu umgeben? Damir schmunzelt: „Es ist lange her, da bereitete ich für eine Kundin eine Variante auf einen Gin Basil Smash zu. Enthalten waren zudem Neroliöl und Moschus. Sie hatte nach zwei der Drinks Tränen in den Augen und erklärte mir dann, dass der Drink alte Erinnerungen hervorgerufen hat. Nach dem Abitur hatte sie ein Auslandsjahr gemacht und traf in Marrakesch ihre erste große Liebe. Sie sagte zu mir dann: Damir, bitte kreiere weiter solche Drinks! Das habe ich dann getan und so entstand mit der Liquid Diary die Erzählung meines Lebens.“

Gerade wurde der Barmann mit kroatischen Wurzeln mit seiner Liquid Diary zur Rolling Pin Bar of the Year 2023 gekürt und besonders freut ihn, dass sein Mitarbeiter, Yannik Seeber, zugleich als Rising Bar Talent des Jahres ausgezeichnet wurde. Lächelnd denkt der 45-Jährige auch an seine Erfolge im Rahmen der Diageo World Class Wettbewerbe zurück: „Als ich 2018 zum World Class Bartender Austria“ gekürt wurde, kam eine schlagartige Bekanntheit. Damals hieß unsere Bar noch „Eckstein“. Prompt kam eine Klage und so entstand nicht ganz freiwillig der neue Name.“

 

Von der Hypnose zur Bartender-Karriere

Damir Bušićs Eintritt in die Welt der Cocktails und Bars gestaltete sich zunächst eher kurios und nicht frei von Konflikten. In dem Club einer befreundeten Familie ließ Damir sich im Rahmen einer Show darauf ein, sich von einem Bühnenkünstler hypnotisieren zu lassen. Als er wieder zu sich kam, hatte er eine Stunde lang unfreiwillig die Bar geputzt und erhielt ein Arbeitsangebot des Betreibers. Damir erinnert sich: „Ich arbeitete so um die drei Jahre in dem Club, als mich ein Gast ansprach und meinte, ob ich nicht unterfordert wäre und lieber etwas mit Cocktails machen solle? Ab da wurde die Bar meine Liebe und mein Leben. Allerdings sehr zum Unmut meiner Eltern. Sie wollten, dass ich Architektur studiere und einen Werdegang mit Anzug und Krawatte einschlagen solle. Aber auch die Androhung, enterbt zu werden, half da nichts.“

Damir Bušićs Bar "Liquid Diary" wurde zur Rolling Pin Bar of the Year 2023 gekürt.  © Liquid Diary

Düfte als wichtiger Bestandteil des Bar-Konzepts

Es folgten Jahre der Ausbildung und des Sammelns von Erfahrungen. Vom k.u.k. Hofbeisl in Bad Ischl über das Monkey in Velden und die Barschule Wien in die große, weite Welt. Insbesondere Hongkong prägt seine Arbeit bis heute: „Die Mentalität, die Kultur und der offene Umgang auch mit kritischen Tönen hat mich beeindruckt. Und die Vielfalt der Aromen und Düfte.“ Ein elementarer Bestandteil seines Barkonzepts sind Raumdüfte, die von Asien aus auch große Kaufhäuser oder Hotelketten inspiriert haben: „Es gab da diesen Hähnchenverkäufer in einer Nebenstraße. Er hatte die besten Hähnchen, aber er war unsichtbar. Eines Tages hat er den Ventilator so aufgestellt, dass der Hähnchenduft in die Straße wehte und unmittelbar die Kundschaft anlockte. Daran habe ich mich erinnert, als vor einigen Jahren das Rauchverbot erlassen wurde und sich dadurch die Gerüche in Bars und Clubs enorm veränderten. Nicht immer zum Guten, wie überzogene Parfumdüfte oder Schweiß.“ In der Liquid Diary speist eine Luftanlage das Duftkonzept ein: „Seit vier Jahren arbeite ich mit der Firma Aromea aus Kärnten zusammen und verwende ihre Duftaromenkonzept. Im Sommer ist es etwas intensiver, denn bei der Wärme dampft es schneller aus und die Aromen verfliegen rascher. Der Duft ist frisch und wird etwas öfter eingesprüht als zur kalten Jahreszeit. Im Winter kommen noch holzige Aromen hinzu. Wir bleiben bei diesem konstanten Duftkonzept, so haben die Gäste auch einen Wiedererkennungswert. Natürlich sind die Düfte antiallergen!“

 

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Augenmerk liegt auch auf Nachhaltigkeit und der richtigen Trinktemperatur

Damir unterscheidet sehr deutlich zwischen Geschmack und Aroma, zwischen Gaumen und Nase. Beides soll stimuliert sein. Die Details der Bar sind wohldurchdacht: „Die Bar ist im britischen Kolonialstil gehalten und wir nehmen keine Reservierungen entgegen. Die Gäste nehmen alle an Hochtischen Platz, so sind Gast und Service stets auf Augenhöhe. Wir servieren keine Trinkhalme, so vermählen sich Geruch und Geschmack besser. Unbewusst ist so eine angenehme und qualitätsbewusste Stammkundschaft entstanden. Und doch bunt gemischt durch alle Alters- und Berufsgruppen.“ Vieles ist aus regionalen Zutaten selbst gemacht, wie Sirup und Essenzen. Für Süße und Säure werden gerne auch Honig vom regionalen Imker und Essig verwendet.

Eis ist für den Barchef eine Herzensangelegenheit: „Man muss beachten, dass jeder Drink seine ideale Trinktemperatur hat. So darf ein Manhattan gerne ein paar Grad wärmer sein, erst dann entfaltet er seine großartige Aromenfülle. Eis soll kühlen, nicht verwässern und es muss klar sein.“ Zudem verwendet das Team im Liquid Diary eine CO₂-Flasche mit Gasleitung, so dass wir das Glas unmittelbar vor dem Einsatz herunterkühlen.

Natürlich entwickelt sich die Bar stetig weiter. Der Barchef erklärt: „Nachhaltigkeit und das Schonen von Ressourcen werden immer wichtiger. Wir werden künftig auch noch mehr regionale Erzeugnisse einsetzen, wollen Strom sparen und Abfall vermeiden. Derzeit ist bei all diesen Themen international noch zu viel Greenwashing im Spiel. Die Natur gibt uns Trends vor. Künftig noch mehr. Nimm das, was Jahreszeit und Umgebung dir bietet. Und es lohnt sich, an bewährte Techniken zu erinnern, wie Fermentation oder Einmachen. Da brauchst du auch kein schlaues Buch, da fragt man einfach die Oma.“

 

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Besondere Akzente setzen

Und die Eltern sind mittlerweile auch stolz auf das, was ihr Sohn in der Barwelt erreicht hat. Damir selbst sagt bescheiden: „Wir sind eine kleine Bar in Tirol. Aber wir setzen gerne besondere Akzente. Gerne auch mal ein wenig frech.“ So lehnt er sich nach Feierabend auch mal zurück und gönnt sich einen schönen Drink mit wenig Säure, zum Beispiel einen Martinez oder einfach ein frisches Bier und einen rauchigen Whisky.

Die nächsten spannenden Impulse erwartet Damir auch in diesem Jahr wieder auf dem BCB: „Da wird die Bar für vier Tage geschlossen und das gesamte Team fährt nach Berlin!“

 

Liquid Diary
Adolf-Pichler Platz 2
6020 Innsbruck, Austria

Liquid Diary - Cocktailbar