„Ändert ihr eure Ernährung, ändert sich euer Leben!“

© BCB / Roland Justynowicz

Arbeiten in der Nacht, lange Schichten, ständige Bewegung, Schütteln und Schleppen, hohe Lautstärke und enormer Andrang, schlechte und manchmal von Zigarettenrauch geschwängerte Luft … die Tätigkeit als Bartender ist körperlich enorm fordernd und nicht wirklich gesund. Umso wichtiger ist richtige Ernährung: Sie schützt, gibt Energie und steigert die Lebensqualität. Beim Bar Convent Berlin 2022 verriet Ernährungs- und Gesundheitsexperte Iain Bell seine Geheimrezepte.

Die Bilder zum Bersten voller Bars und sich am Tresen drängender Gäste, die Iain Bell zu Anfang seines Talks zeigt, kennt natürlich jeder – und was fürs Publikum nach guter Stimmung aussieht, ist für Bartenderinnen und Bartender oft der pure Stress. Wie begegnet man ihm? Wie soll man solche Schichten durchstehen? Kaffee, noch mehr Kaffee, Nikotin, ein Bier, ein Shot? Und selten vernünftiges Essen, wenn überhaupt feste Nahrung. 

Bell weiß genau, wie es läuft: Seit über 30 Jahren begleitet der Fitness- und Gesundheitsexperte die Branche mit seinem Projekt „Bartenders Manifesto“, richtet Workshops für die Industrie aus und nimmt Bartenderinnen und Bartender mit auf Retreats. Dort wird tagelang gefastet und gekickboxt. Bell hat die „Executive Fitness Foundation“ gegründet, die sich um Gesundheit und Arbeitsschutz in Unternehmen kümmert, arbeitet mit dem renommierten „Royal College of Surgeons of England“ zusammen und berät ein Spektrum von Olympia-Athletinnen bis zu Süchtigen bezüglich besserer Ernährung.

Mehr Energie, bessere Arbeit, gesteigerte Lebensqualität

Permanente Müdigkeit, ineffizientes Arbeiten, geringes Selbstwertgefühl, ständige Erkältungen, Burnout – all dies sei mit den Arbeitsbedingungen in Kombination mit schlechter Ernährung in der Barwelt quasi vorprogrammiert, so Bell. Mit verteilten pH-Teststreifen ließ er das Publikum ihren Speichel testen – je weiter der gemessene Wert in den sauren Bereich geht, desto höher die Gefahr einer Erkrankung oder Immunschwäche. Bells Sofort-Tipp: Morgens einen Liter Wasser mit Zitronen- und Ingwerscheiben trinken – das wirkt basisch und somit der Übersäuerung entgegen. Er selbst tut dies täglich und stellt sich seinen Drink schon am Abend hin.


Cocktails für mehr Well-being

Wie kommen Bartenderinnen und Bartender denn zu mehr Energie und Gesundheit? Bell hat Rezepte mitgebracht, die sich – das gefällt den Anwesenden natürlich gut – großenteils im Blender mixen und somit fast wie Cocktails zubereiten lassen. Zum Beispiel den „The Blaster“ für viel Power während der Arbeit: Walnüsse, Mandeln, Kürbis, Sonnenblumenkerne, Kokosnussmilch und gefrorene Beeren ab in den Blender und zu einem leckeren Smoothie vor der Schicht gemixt – der Drink verhindert Energieverlust, Müdigkeit und Hunger während der Schicht. Teure frische Früchte sind dafür nicht notwendig, Bell empfiehlt ohnehin gefrorene zu verwenden, weil diese einen höheren Nährstoffgehalt haben, und sich einen Mix aus Beeren, Mango, Samen und Nüssen geblendet und in eine Thermoskanne abgefüllt mit in die Arbeit zu nehmen.

Der Drink fürs Entgiften

Fürs Detoxen und die Entlastung der Leber wiederum empfiehlt Bell den „Liver Flush“:

  • Saft von 2 Orangen
  • Saft von 2 Zitronen
  • 2-3 frische Knoblauchzehen
  • 20 g frischer Ingwer mit Schale
  • 20 ml extra natives Olivenöl
    eine Prise Cayennepfeffer oder eine kleine frische Chilischote
    etwas frische Petersilie

Zubereitung: Alle Zutaten in einen Blender geben, zu einer glatten Masse verarbeiten und sofort trinken

Anwendung: morgens und abends 3 Tage lang trinken, keinen Alkohol, rotes Fleisch und weiße Kohlenhydrate wie Pasta oder Brot konsumieren, dazu mindestens 2 Liter Wasser am Tag trinken

Ergebnis ist weniger Fett in der Leber (wird ausgeschieden), reduziertes Entzündungsrisiko, 1-2 kg Gewichtsverlust, strahlende Augen, Turbo-Energieschub und ein großartiges Gefühl, so Bell.  

Der Darm verrät, wie es uns geht

Wer den Bestseller„Darm mit Charme“ gelesen hat, der weiß es längst: Auf sein Verdauungsorgan zu hören und seine Signale zu verstehen, trägt maßgeblich zu mehr Wohlgefühl bei. „95 Prozent deines mentalen Zustands kommt vom Darm“, so Bell und macht es mit der berühmten „Bristol Stool Scale“ plakativ. Die Grafik zeigt, wie das menschliche Exkrement bei guter Verdauung idealer Weise geformt ist – sieben Arten unterscheidet die Wissenschaft, Nummer drei und vier sollten hinten herauskommen. Für einen gesunden Darm sind die richtigen Mikrobiome/Darmbakterien wichtig. Wo gibt’s die? Zum Beispiel in fermentierten Lebensmitteln. In Deutschland, dem Lande des Sauerkrauts, sei man eigentlich bestens versorgt, so Bell: Einfach Sauerkraut den selbstgemixten Smoothies hinzufügen – andere Fermentationsprodukte wie Kimchi, Kefir und Kombucha gehen auch – und das Glücksgefühl kann kommen.

Iains Supersalat

Bell selbst nimmt Sauerkraut am liebsten mit einem Stück Makrele und Salat zu sich. Nicht mit irgendeinem Salat, sondern seinem selbstkreierten „Supersalat“ mit Rotkohl, Babyspinat, Pilzen für Vitamin D, Koriander für mehr Sauerstoff in den Muskeln, Granatapfelkernen, Zitronensaft und extra nativem Olivenöl. Alles wird kleingeschnitten, um die Fasern zu zerkleinern, und wird in einem Frischhaltebeutel oder einer Box gelagert und luftdicht ziehen gelassen, sodass die Nährstoffe ihre volle Wirkung entfalten können. 20 bis 30 Prozent mehr Power pro Schicht verspricht der Profi. Er rät auch dazu, sich Pasta vorzukochen und über Nacht im Kühlschrank stehen zu lassen, was den Anteil der Kalorien um rund 50% verringert, weil ein Teil der Stärke unverdaulich wird. Die Tomatensauce dazu wieder mit extra nativem Olivenöl kochen und Milcheiweiß hinzu geben – ein gesundes Gericht für mehr Kraft hinter dem Tresen.

Sein Rat ans Publikum zum Schluss: „Fokussiert euch auf euch selbst. Nicht auf die Drinks, nicht auf die Bar, den Umsatz, die Marken, sondern auf euch. Niemand tut es für euch außer ihr selbst. Macht euch einen Plan, verändert euren Lebensstil und euer ganzes Leben wird sich ändern. Euer Kopf wird klar und ihr fühlt euch besser als je zuvor.“ 

 

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