Was es bei Low & No Drinks zu beachten gibt

© Green Door Bar

Autorin: Maria Gorbatschova

Maria Gorbatschova, Bar Managerin der Green Door Bar und Mitglied des BCB Education Boards, über den richtigen Einsatz von Low & No-Produkten in der Bar.

Der Alkoholkonsum nimmt deutlich ab. Laut einer EU-Statistik (1) trinken über ein Viertel der Erwachsenen in der Europäischen Union überhaupt keinen Alkohol. Weltweit ist fast die Hälfte aller Erwachsenen abstinent. Bei Menschen unter 30 ist die Zahl der Nicht- Trinkenden wesentlich höher als in den Generationen davor, Tendenz steigend*. Das sind Trends, mit denen sich Bars beschäftigen müssen, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

Low and No sind also Themen, mit denen sich Bartender in Zukunft intensiver beschäftigen müssen. Für Early Adopter kann das große Chancen bieten, denn Gastronomie-Betriebe funktionieren als soziale Orte des Austauschs, als dritte Orte, und nicht einzig zum Zweck des Alkoholkonsums. Abstinente Menschen gehen ebenso auf Dates, treffen sich mit Freunden oder wollen am Wochenende ausgehen. Es gibt keinen guten Grund, ihnen das zu verwehren. 

 

So macht’s die Green Door Bar

In der Green Door liegt unser Fokus auf Low- und Mid ABV Drinks. Sehr kräftige Drinks schaffen es selten aufs Menü, können aber natürlich bestellt werden. Im Falle von Low ABV ist der Fall der Drink-Kreation recht einfach. Wir arbeiten sehr gern mit Produkten wie Wermut, Madeira, Port, Sherry, Sake, Pineau, Poiré, Makgeolli, Wein oder auch einfach kleinen Mengen an Spirituosen. Dazu kommen häufig hausgemachte Cordials oder seltener Shrubs zum Süßen. Sirupe kommen bei uns fast nie zum Einsatz, zuckrige Drinks sind nicht so unser Ding. Ein Erdbeer Cordial hat bei uns 80% frisch gepressten und anschließend mit Agar Agar geklärten Erdbeersaft und nur 20% Zucker, dazu 2% Ascorbinsäure und Zitronensäure zum haltbar machen. Dadurch bekommt man wesentlich mehr Frucht-Aroma in einen Drink als mit Sirup und braucht weniger Säure. Bei uns kommt meistens Verjus zum Einsatz, aber auch Zitrussäfte oder sehr hochwertige Essige. Auch ein Manzanilla oder Fino kann etwas Süße ausbalancieren. Unsere Formel ist: viel Aroma, dabei eher wenig Zucker, wenig Säure. Drinks mit viel Sirup auf noch mehr Säure sind mir persönlich häufig zu süß und zu sauer zugleich. Später verstärkt der Zucker den Kater und die Säure sorgt für Sodbrennen.

Bei der Kreation von alkoholischen Drinks kann grundsätzlich bedacht werden, wie eine alkoholfreie Variante aussehen könnte. Dadurch steigt der Absatz alkoholfreier Drinks, denn häufig steht eine zu kleine Auswahl der Bestellung von einem zweiten oder dritten Drink im Wege. Je größer das Angebot, desto mehr bestellen Gäste und kommen anschließend wieder. 

 

Alkoholfreie Drinks: Worauf zu achten ist

Technisch gesehen gibt es beim Arbeiten ohne Alkohol einige Dinge zu beachten. Alkohol setzt den Gefrierpunkt von Flüssigkeiten herunter. Ein geshakter Drink kommt auf -5 bis -8 Grad Celsius. Ein alkoholfreier Cocktail kann unter 0 Grad kommen, da Zucker und andere Zusätze den Schmelzpunkt ebenfalls herabsetzen, wird aber bei gleicher Zubereitung wesentlich wärmer als ein alkoholischer Drink sein. Ein in der Schale servierter alkoholfreier Drink wird also schneller warm. Man sollte ausprobieren, ob der Drink das verträgt, und ansonsten auf Eis setzen.

Was alkoholfreien Drinks häufig fehlt, ist die Komplexität und teils das Mundgefühl. Dabei gibt es sehr viele Zutaten, die diese mitbringen und alkoholfrei sind. Wir arbeiten gern mit Hydrolaten, Essenzen, Tee, Horchata, ausgewählten alkoholfreien Alternativen zu Spirituosen, Fermenten wie Kombucha und Cordials oder Shrubs, die wir eh für unsere alkoholischen Cocktails aus saisonalen Zutaten herstellen. Es gibt so viele Möglichkeiten, Aroma und Textur in einen Drink zu bekommen.

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Bei der Herstellung hausgemachter Zutaten oder dem Prebatchen von alkoholfreien Drinks muss unbedingt auf Hygiene geachtet werden. Alkohol wirkt sehr gut, um haltbar zu machen. Fehlt er, können sich schnell bei unzureichender Sauberkeit Schimmelpilze bilden oder Hefen anfangen, Zucker zu Alkohol zu vergären. Sehr sauberes Arbeiten, sterilisierte Flaschen und anschließende Kühlung sollten selbstverständlich sein.

 

Sensorik: Macht Vergleichen mit Spirituosen überhaupt Sinn?

Aus sensorischer Sicht ist Alkohol nicht komplett ersetzbar. Alkohol ist ein extrem guter Trägerstoff für Aromen, und nicht jedes Aroma ist ebenso gut in Wasser löslich wie in Alkohol. Das fällt zum Beispiel bei Gin auf, alkoholfreie Produkte tragen die Wacholder-Note wesentlich dezenter. Ein Dry Martini mit alkoholfreiem Gin, der genauso schmeckt wie einer mit? Das ist nicht machbar, und das muss ja auch nicht das Ziel sein. Ich denke, man sollte alkoholfreie Produkte als eigene Kategorie sehen und nicht so streng mit Spirituosen vergleichen. Mundgefühl und Aroma sind da völlig anders, und im Gegensatz zu Spirituosen sind sie nicht für den puren Konsum gemacht. Es sind einfach nur Zutaten, die in einen Drink eingebaut werden müssen. Ich trinke schließlich auch kein Glas Cordial oder Shrub pur.

 

Alkoholfrei ist nicht gleich alkoholfrei

Ein feiner, aber wichtiger Unterschied ist, ob der Drink tatsächlich alkoholfrei ist, also 0,0% Alkohol hat. Gesetzlich gesehen liegt die Obergrenze für alkoholfreie Getränke wie alkoholfreies Bier bei 0,5%. Ein alkoholfreier Drink kann also auch mal einen Dash Cocktail Bitter enthalten und trotzdem als alkoholfrei bezeichnet werden. Wenn man es genau nehmen will, kann man in der Karte 0,0% und >0,5% ausweisen. Manche Gäste wollen aus religiösen Gründen oder wegen einer Schwangerschaft vielleicht komplett auf Rückstände von Alkohol verzichten. Im Alltag ist die komplette Abstinenz allerdings unwahrscheinlich, denn selbst Fruchtsäfte, reife Bananen, Miso, Essige oder sogar Brot kommen zum Teil auf unbedenkliche 0,3-0,4% Alkohol. Trockenen Alkoholikern ist dagegen auch vom 0,0% Bier abzuraten. Aussehen, Geschmack oder auch das Setting einer Bar können hier zum Rückfall führen, selbst wenn das Getränk selbst komplett alkoholfrei ist.

 

Quelle:

(1) ec.europa.eu/eurostat/Alcohol_consumption_statistics