Baijiu Cocktails und die Zukunft chinesischer Spirituosen

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Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Innovative Spirituosen für die Bar sind noch längst nicht allumfassend entdeckt oder gar ausgereizt. Gerade Asien birgt ein immenses Potenzial und erstes Wachstum ist bereits bei Sake oder Shochu erkennbar und Whiskys aus Japan oder Taiwan genießen höchstes Ansehen. Doch noch immer einigermaßen unbekannt in unseren Breitengraden ist die meistgetrunkene Spirituose der Welt – Baijiu.

Im Rahmen des BCB Pouring Digital findet sich eine illustre Diskussionsrunde ein, die die Möglichkeiten und das Variantenreichtum diskutiert, der sich hinter Baijiu verbirgt. Moderiert wird der Talk von Derek Sandhaus, dessen Bücher über Baijiu und chinesische Trinkkultur zu Bestsellern wurden und dessen kompetenter und zugleich liebevoller Blick auf Aromen und Historie im Reich der Mitte informiert und fesselt.

Wir sprachen mit Derek über Baijiu, China und die BCB-Diskussionsrunde.

Hallo Derek. Bitte erkläre einem Neuling Baijiu in drei Sätzen.

Derek Sandhaus: Baijiu ist eine große und facettenreiche Kategorie eines chinesischen Getreidedestillats. Anders als die meisten westlichen Brände, wird bei Baijiu keine Flüssigkeit, sondern eine feste Masse fermentiert und destilliert: Dabei werden natürlich gewonnene Hefekulturen und andere Mikroorganismen verwendet. Baijiu neigt dazu, komplexe Aromen, Umami Geschmack und einen langanhaltenden Nachhall zu betonen.

Wie kamst du mit Baijiu in Kontakt und was löste die Faszination aus?

Derek: Ich kam mit Baijiu in Berührung, als ich von 2006 bis 2013 in China lebte. Meine erste Begegnung erfolgte früh während meiner Zeit dort, als ich in Shanghai lebte. Es verwirrte mich, da es so völlig anders war, als das, was ich sonst an Destillaten gewöhnt war. Und anfangs habe ich es abgelehnt.

Später zog ich nach Chengdu in Sichuan, wo der Hauptteil von Baijiu in China hergestellt wird. Dort lernte ich, dass Baijiu nicht nur großes Geschäft ist – um die 10 Milliarden Liter werden alljährlich produziert, was Baijiu zur größten Spirituosenkategorie der Welt macht, in Menge und Wert, sondern dass es ungemein reichhaltig und vielschichtig ist. Ich lernte, dass es nicht nur eine Art Baijiu gibt, sondern dass es 12 grundlegend verschiedene Gattungen gibt. Und nachdem ich dann jene herausgefunden hatte, die ich mochte, wurde es umso einfacher, sie alle zu würdigen.

Die nächsten Jahre verbrachte ich damit, das Land zu bereisen und über Baijiu zu lernen von den Leuten, die ihn herstellen und die ihn trinken. Es steckt so viel Sorgfalt und Tradition in jeder einzelnen Flasche, dass ich es unmöglich fand, es nicht zu lieben. Seither bin ich Feuer und Flamme.

Daraus wurde dann ja eine eigene Baijiu-Marke. Erzähle uns bitte mehr über Ming River.

Derek: Ming River kam 2018 auf den Markt, aber die Partnerschaft geht viel weiter zurück. Ich traf Bill Isler 2014, als ich in Beijing mein erstes Buch über Baijiu „Baijiu: The Essential Guide to Chinese Spirits” vorstellte. Gemeinsam mit einigen anderen Nicht-Einheimischen, wie Matthias Heger und Simon Dang, trug er sich mit dem Gedanken, eine Cocktail Bar zu eröffnen. Nachdem er meinen Vortrag besucht hatte beschloss er, sie solle sich auf Baijiu fokussieren. Das war eine revolutionäre Idee; niemand hatte je eine Bar im westlichen Stil aufgemacht, die sich mit Baijiu befasst, da dieser zumeist pur und zum Essen serviert wird. Trotz umfassender Skepsis entpuppte sich die Bar als großer Erfolg, zunächst für andere Nicht-Einheimische und später auch mit den ortsansässigen Einheimischen. Die Bar, “Capital Spirits”, gibt es nach wie vor und sie serviert Baijiu Cocktails und Probier-Flights für die Baijiu-Neugierigen.

Um 2015 taten wir uns mit Luzhou Laojiao zusammen, Chinas ältester Destillerie und eine meiner Favorisierten, um eine Marke für den internationalen Markt zu kreieren. Die Mission war, einen Baijiu zu entwickeln, der die Kategorie gut repräsentierte, aber auch ein Erfolg in der internationalen Spirituosen Mainstream Welt sein würde. So arbeiteten wir mit den Blendern der Destillerie an einem Produkt, dass unmittelbar als qualitativ hochwertiger Sichuan Baijiu erkennbar ist, aber dazu die natürlichen Aromen betont, die gut in Cocktails funktionieren.

Wenn man Sichuan Baijiu mag, wird man unser Produkt lieben, aber wenn du noch niemals Baijiu getrunken hast, ist er ein guter und repräsentativer Ausgangspunkt.

Was dürfen wir von der Gesprächsrunde im Rahmen des BCB Pouring Digital erwarten?

Derek: Ich freue mich sehr darauf, weil ich bereits weiß, dass es großartig wird. Im Rahmen des diesjährigen Digital-Formats haben wir die Gesprächsrunde voraufgezeichnet und ich kann im Vertrauen berichten, dass die Bartender, mit denen ich mich über Baijiu Cocktails unterhalte, eine wohlinformierte und bedachte Perspektive auf das Mixen mit Baijiu bereithalten.

Wir sprechen nicht nur darüber, was Baijiu zu einer aufregenden Cocktailzutat macht, sondern auch darüber, warum es wichtig ist, dass Bartender aus ihrer Komfort-Zone heraustreten, um mit neuen Zutaten zu experimentieren. Und Chockie, Kan und Gergö sind allesamt so wundervolle Bartnder, dass ihre Leidenschaft unsere Sitzung durchgängig belebt.

Dein neues Buch entwickelt sich zum großen Erfolg. Erzähle uns über die Faszination von „Drunk in China“.

Derek: Dieses Buch ist sehr anders als mein erstes Buch über China, das Versuch war, die Baijiu-Kategorie auf geradlinige Weise zu erläutern. Drunk in China verwendet die Geschichte, wie ich mich in Baijiu verliebte, um dann chinesische Geschichte im Zusammenhang mit Alkohol zu erzählen. Es enthält alle meine persönlichen und historische Anekdoten über das Trinken in China und so einige Grübeleien, was chinesischer Alkohol uns über uns selbst aufzeigt und wie wir auf das Ungewohnte reagieren.